Das Thema Angst und Geburt

Wie Ängste den Geburtsverlauf beeinflussen können und wie psychologische Begleitung helfen kann.

Eigentlich hatte sie sich die Geburt des eigenen Kindes immer als den glücklichsten Moment ihres Lebens vorgestellt, berichtete mir neulich eine schwangere Klientin. Doch schon kurz nachdem sie die zwei langersehnten Streifen auf dem Schwangerschaftstest gesehen hatte, setzte ein erstes mulmiges Gefühl vor der Geburt ein. 

6 Monate später hatte sie sich ausführlich im Familien- und Freundeskreis und in zahlreichen Internetforen über Schwangerschaftsverläufe informiert und viel über schmerzhafte und komplizierte Geburtsverläufe erfahren. Je mehr sie dazu las, desto mehr richtete sich ihre Wahrnehmung auf alles, was unter der Geburt passieren könnte. 

Mittlerweile verspüre sie panische Angst vor der Geburt, weswegen sie mich aufsuchte: sie beschrieb Angst vor den Schmerzen, Angst vor Komplikationen und davor, dass etwas schiefgehen könnte, wovon sie selbst und vor allem das Baby Schaden nehmen könnten. Am meisten fürchtete sie sich vor einem Kontrollverlust. Auch hatte sie die Vorstellung aufgebaut, dem medizinischen Personal im Krankenhaus ausgeliefert zu sein. 

Die Angst hatte sich auf verschiedene Bereiche ihres Lebens ausgebreitet, so dass sie sich allgemein sehr angespannt fühlte, schlecht schlief und die Schwangerschaft nicht genießen konnte.

Gefühle der Angst vor der Geburt sind völlig normal und weit verbreitet. Trotzdem sollten Schwangere und ihre Partner:innen nicht zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine psychologische Begleitung kann Schwangeren und ihren Partner:innen dabei helfen, Ängste vor der Geburt zu reduzieren und den Geburtsverlauf positiv zu beeinflussen. 

Doch wie genau kann die Angst denn den Geburtsverlauf beeinflussen? 

Dies erklärt sich mit dem Kreislauf aus Angst, Anspannung und Schmerz: 

Es können verschiedene Faktoren Ängste vor der Geburt auslösen, wie zum Beispiel Berichte von schmerzhaften Geburten im Freundeskreis oder der Familie, eine eigene traumatische Geburtserfahrung, Sorgen um die Gesundheit des Babys oder auch die Unsicherheit darüber, was während der Geburt passiert und ein Gefühl der Hilflosigkeit auslösen kann.

Können diese Ängste vor der Geburt nicht aufgelöst werden, sondern sich stattdessen während der Schwangerschaft immer weiter aufbauen, ist es wahrscheinlich, dass die Frau auch unter der Geburt Angst verspürt. 

Ist dies der Fall, aktiviert sich des Sympathikus des vegetativen Nervensystems und startet sein „Fight or Flight“ -Programm: 

Die Muskeln spannen sich an, Stresshormone werden ausgeschüttet und die Körperbereiche, die für Flucht und Verteidigung wichtig sind, vermehrt durchblutet- umgekehrt wird den Bereichen, die in dem Moment nicht wichtig sind, Blut und dadurch Sauerstoff entzogen: dies betrifft dann Bereiche wie der Verdauung und eben auch die Gebärmutter, wodurch sogar der Geburtsvorgang kurzfristig unterbrochen werden kann. Vor allem spannt und verhärtet sich die Gebärmutter, die eigentlich weich sein sollte, um sich öffnen zu können. 

Dadurch muss die Frau gegen eine verhärtete Muskulatur der Gebärmutter arbeiten, was zu einem verstärkten Schmerzempfinden und potenziell zu einem erschwerten Geburtsverlauf führt. 

Und hier schließt sich der Kreislauf: die Frau spürt, dass es nicht vorangeht mit der Geburt, sieht Ihre Sorgen bestätigt und die Ängste verstärken sich, was zu weiterer Anspannung und stärkeren Schmerzen führt usw.

Um dem Einsetzen dieses Kreislaufs vorzubeugen, ist es ratsam, sich rechtzeitig mit seinen Ängsten auseinanderzusetzen. Hier kann je nach individueller Vorgeschichte sowie Stärke und Ausprägung der Angst eine psychologische Begleitung sowie das Erlernen mentaler Techniken zur Geburtsvorbereitung hilfreich sein. 

In unserem Artikel zum Thema „Mentale Geburtsvorbereitung“ lesen Sie mehr zu den Techniken der mentalen Geburtsvorbereitung. 

Auch die eingangs erwähnte schwangere Klientin konnte sich in unseren gemeinsamen Sitzungen mit ihren Ängsten auseinandersetzen. Folgende Methoden habe ich unter anderem angewendet: 

„Reframing“ zur Umdeutung belastender negativer Gedanken und Annahmen, mit dem Ziel, neue Perspektiven und Sichtweisen zu erlangen. 

„Externalisierung“ der Angst um die Angst als ein von der eigenen Person getrenntes Problem zu betrachten. 

„Narrative Therapie“: Hierbei werden Ängste als Teil einer persönlichen Geschichte betrachtet, um die Ängste in einen größeren Kontext einzuordnen und dadurch die Angst als Teil einer Geschichte betrachten, die sie selbst beeinflussen kann.

(Anmerkung: der Ablauf einer psychologischen Therapie wird individuell erstellt. Dies soll der beispielhaften Darstellung dienen, was in so einer Therapie unter anderem besprochen wird).

Wir sind überzeugt: keine Frau muss ihre Geburtsängste aushalten und sich erst recht nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Geburt als selbstbestimmten, angstfreien und wunderbaren Moment im Leben zu erleben.

Autor:innen

  • Linda Winterbauer linda.winterbauer@onewomanslife.de